Führung braucht Zeit

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Führung braucht Zeit: Warum operatives Handeln echte Führung nicht ersetzt und was dagegen hilft

Viele Führungskräfte sind zu stark im Tagesgeschäft gebunden und lassen dabei ihre wichtigste Aufgabe liegen: das Führen.

Aktuelle Studien zeigen, dass Manager der mittleren Ebene viel zu wenig Zeit für Mitarbeiterführung aufwenden. Statt zu motivieren, zu coachen und zu entwickeln, arbeiten sie hauptsächlich operativ – mit Folgen für Motivation, Produktivität und Zukunftsfähigkeit. Dieser Beitrag fasst die zentralen Aussagen eines Artikels in der WELT vom 22. Juni 2018 zusammen, der über die Erkenntnisse des von Penning Consulting initiierten „Führungsbarometers“ berichtet und zeigt, warum Unternehmen heute neue Prioritäten in der Führung setzen müssen.

Führungskräfte führen zu wenig

Manager arbeiten im Schnitt 55 Stunden pro Woche. Doch wie viel dieser Zeit ist tatsächlich Führungsarbeit? Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag von Penning Consulting verwenden Führungskräfte der mittleren Ebene gerade einmal 21 Prozent ihrer Arbeitszeit auf Personalführung. Den größten Anteil nehmen operative Aufgaben (31 Prozent) und Fach- bzw. Sachaufgaben (24 Prozent) ein.

„Viele deutsche Manager führen nicht – oder zu wenig“, bringt es Stephan Penning auf den Punkt. Statt zu leiten, entscheiden sie im Tagesgeschäft oder agieren selbst als Fachkraft. Das Ideal der „mitarbeitenden Führungskraft“ sei in Deutschland noch immer stark verbreitet. Dabei geht der Blick für das Wesentliche verloren: das gezielte Weiterentwickeln der eigenen Mitarbeiter und Teams.

Das Fachkraft-Ideal behindert Entwicklung

Penning kritisiert die tief verankerte Erwartung, Führungskräfte müssten stets beweisen, dass sie die besten Experten im Raum sind. Diese Haltung stammt aus einer Zeit, in der Wissen ein klarer Wettbewerbsvorteil war. Heute jedoch stehen Informationen jederzeit digital zur Verfügung. Fachwissen verliert an Exklusivität. Was zählt, ist die Fähigkeit, Menschen bei Veränderungen zu begleiten.

Und genau das kommt zu kurz: Laut Studie verbringen Führungskräfte pro Woche im Schnitt nur eine Stunde mit individueller Mitarbeiterführung – für das gesamte Team. Bei durchschnittlich zehn Mitarbeiter bleiben sechs Minuten pro Person. Wie soll so eine persönliche Entwicklung gelingen?

Führung ohne Wirkung: die stille Schwächung der Organisation

Der Mangel an echter Führungsarbeit hat gravierende Folgen: unklare Kommunikation, fehlende Entwicklungsperspektiven und sinkende Motivation. In einem volatilen Umfeld, das strategische Ausrichtung und Veränderungskompetenz erfordert, bleiben viele Führungskräfte auf der Stelle. Weniger als 15 Prozent der Arbeitszeit fließen in strategische Aufgaben – das ist aus Sicht von Penning zu wenig, um die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens aktiv zu gestalten.

Noch problematischer: Coaching, Feedbackgespräche oder Konfliktlösungen finden kaum statt. Mitarbeiterzufriedenheit bleibt ein Lippenbekenntnis, obwohl sie nachweislich ein Treiber für Produktivität und Unternehmenserfolg ist.

Digitalisierung verstärkt das Führungsdefizit

Die digitale Transformation verlangt neue Führungsqualitäten. Gleichzeitig verführt sie dazu, noch tiefer in operative Details abzutauchen. Mehr Informationen führen aber nicht automatisch zu besserem Verständnis. „Falsch eingesetzte Digitalisierung kann bedeuten: Manager haben mehr Daten, verstehen aber weniger, was wirklich passiert“, warnt Mark Mortensen von der Wirtschaftshochschule INSEAD. Wer nicht führt, verliert den Anschluss – fachlich wie kulturell.

Weg von der Fachkraftrolle – hin zu echter Führung

Was ist zu tun? Für Stephan Penning liegt die Lösung in einem klaren Rollenverständnis: weg von operativer Tätigkeit und Fachexpertise hin zur bewussten Investition in Führungszeit. Das bedeutet nicht, dass jede Mitarbeiterbegleitung ein Einzeltermin sein muss. Führung darf – und soll – mit dem Alltag verzahnt sein.

„Individuelle Befähigung muss nicht immer heißen individueller Termin“, sagt Penning. Vielmehr sei eine direkte Begleitung im Arbeitsalltag oft wirkungsvoller. Sichtbarkeit, Ansprechbarkeit und kontinuierliches Feedback ersetzen klassische Führungstreffen und wirken dort, wo sie gebraucht werden: im operativen Geschehen.

Führung neu denken – bevor Führung fehlt

Die Forsa-Erhebung im Auftrag von Penning Consulting zeigt klar: Der Mittelmanager in Deutschland investiert zu wenig Zeit in seine wichtigste Aufgabe – das Führen. Wer Mitarbeiter lediglich verwaltet, statt sie zu entwickeln, vergibt Potenziale und schwächt die Organisation im Kern.

In Zeiten technologischen Wandels und hoher Veränderungsdynamik braucht es eine Führung, die nicht auf Kontrolle, sondern auf Befähigung setzt. Wer Leistung will, muss Orientierung geben. Wer Veränderungen meistern will, braucht Mitarbeiter, die sich mitgenommen fühlen. Führung ist kein Nebenprodukt. Sie ist das Fundament unternehmerischen Erfolgs.

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